Samstag, 29. Januar 2011

28.1.2011, 23:31 Uhr (Iguazú-Fälle (2) / Salta (2) / Bolivien):

To the west, to the west
I haven´t got there yet.

Nach etwa zehn Tagen in Bolivien bin ich heute in Peru angekommen. Ich bin in Puno am Titicacasee, von wo aus es morgen mit dem Flieger Richtung Lima geht, um meinen Freund Adi abzuholen, der ein paar Stunden später am Flughafen eintrudeln wird. Danach haben wir ein paar Tage, um die Hauptstadt Perus kennenzulernen. Viel Gutes habe ich noch nicht gehört, aber man wird´s sehen. Am zweiten Februar geht es dann für eine Woche auf die Osterinsel. An der Stelle nochmal der Hinweis an alle, die von den „Osterinseln“ sprechen: das scheint ein Phänomen in Deutschland zu sein, dass die Leute glauben, es handele sich um eine Inselgruppe. In Englisch heisst es „Easter Island“ und in Spanisch „Isla de Pascua“, beides zurecht im Singular! ;-)

Nachdem ich Anfang Januar wieder in Iguazú gestrandet bin, habe ich mir mit Heiner nochmal die Fälle angeschaut, diesmal nur die argentinische Seite. Lustiger Zwischenfall: Wie ich ja schon geschrieben habe, laufen dort zuhauf Ameisenbären rum, die gerne das Essen der Touristen stibitzen. Ein Argentinier machte Heiner darauf aufmerksam, dass er doch bitte seine Tasche nicht unbeaufsichtigt stehen lassen sollte. Der erwiderte, dass es kein Problem sei, weil dort kein Essen drin ist. Der Mann schüttelt den Kopf und meint in etwa: „Nicht wegen den Bären, sondern wegen den Bolivianern“. So viel zum Thema gute Nachbarschaft und Vorurteile. Ausserdem waren wir in einer Art Aufzuchtstation für Tiere der Umgebung, was ein sehr schönes Erlebnis war. Dort habe ich dann auch endlich einen Tukan zu Gesicht bekommen. Diese Tiere gibt es hier zwar zuhauf in der freien Wildbahn, allerdings befinden sie sich fast nur in Höhen von 13 bis 18 Metern, so dass man sie kaum zu Gesicht bekommt.


Riesentukan in der Tieraufzuchtstation

Sonnenuntergang in Corrientes, kurz vor der Abfahrt nach Salta

Nachdem Iguazú endgültig abgehakt war, ging es weiter nach San Ignacio, immer noch im Bundesstaat Misiones. Hier wurden vor einigen Jahrhunderten Missionen von Jesuitenorden gegründet, um die dort lebende indigene Bevölkerung der Guaraní vor Versklavung zu schützen. Abends, nach Einbruch der Dunkelheit, haben wir die Mission besichtigt und bekamen die Geschichte anhand eines beeindruckenden Lichtspiels näher gebracht. Am Tag danach ging es mit kurzem Zwischenstopp in der wenig touristischen Stadt Corrientes über Nacht nach Salta. Hier hat sich Heiner entschieden, für eine Woche zurück nach Córdoba zu fahren, ich wurde wiedermal krank und lag ein paar Tage flach. Bevor das passierte, haben wir zwei Mädels kennengelernt, mit denen wir dann auch einen Tag verbracht haben, die Stadt zu erkunden. Mit einer von beiden bin ich dann auch weiter Richtung Jujuy aufgebrochen. Louise ist Dänin, hat aber in Deutschland studiert, spricht also fliessend deutsch. Auch wenn mein Englisch sicher nicht der letzte Mist ist und ich mich auch mal eine Zeit lang über andere Themen als Reisen unterhalten kann, stösst man doch irgendwann an seine Grenzen und dann ist man froh, sich in seiner Muttersprache unterhalten zu können, gerade, wenn man länger zusammen unterwegs ist. In zwei Tagen Jujuy haben wir nicht sehr viel geschafft, haben aber immerhin einen Ausflug nach Purmamarca gemacht und waren dort in den Bergen unterwegs. Was für Farben! Was für eine Gegend!


Irgendwo in der Quebrada de Humahuaca, ganz im Norden Argentiniens

Wandern in Purmamarca

Heiner hatte sich angekündigt, unsere kleine Reisegruppe für die nächste Zeit zu vergrössern, er kam über Nacht nach Jujuy und von dort ging es direkt etwa fünf Stunden weiter mit dem Bus zur bolivianischen Grenze, nach La Quiaca. Ursprünglich war geplant, mit dem Bus nach San Pedro de Atacama in Chile zu fahren, dieser war aber für eine komplette Woche ausgebucht, so entschieden wir uns, definitiv den Weg nach Peru durch Bolivien zu machen, was sich im Nachhinein als Glücksgriff herausstellte. Nach meiner allerersten Grenzüberquerung zu Fuss, die hier wegen der argentinischen Formalitäten auch mal gut und gerne vier Stunden dauern kann (zum Vergleich: in Iguazú waren es etwa fünf Minuten), wurden wir im schrulligen Grenzhäuschen Boliviens direkt von einem Plakat angelacht, dass den Präsidenten Evo Morales schmückte, der hier allgegenwärtig ist. Trotz der fast durchgängig indigenen Bevölkerung ist er der erste indigene Präsident des Landes und anscheinend sehr beliebt. Eine Frau in einem Geschäft zeigte uns ihr Bild und sagte stolz: „Mi Presidente!“ Nun sind wir in Villazón, der bolivianischen Nachbarstadt des argentinischen La Quiaca. Was sofort auffällt: Die Menschen hier sind sehr anders. Die Argentinier sind temperamentvoll, im Zentrum des Landes und in der Hauptstadt mehr als hier im Norden, wohingegen die Bolivianer im Allgemeinen sehr zurückhaltend sind, was manchmal unsympathisch wirkt, wenn man an anderes gewöhnt ist. Bedankt man sich bei einem Argentinier, schmettert der erstmal freundlich lächelnd ein „de nada“ hinterher, vom Bolivianer darf man keine Reaktion erwarten. Natürlich merkt man auch sofort den Wohlstandsunterschied; Bolivien ist das ärmste Land Südamerikas, Argentinien eines der reichsten.

Abends ging es dann noch weiter nach Túpiza, drei Stunden Richtung Norden. Man wird an allen Ecken und Enden vor Busfahrten in Bolivien gewarnt: Vorsicht! Nicht nachts fahren! Der Grund: Bolivien hat bei einer dreimal so grossen Fläche wie Deutschland nur wenige tausend Kilometer geteerte Strasse, meist geht es über einfache Sandpisten und das in den Anden! So war die erste Busfahrt auch gleich recht spektakulär, halb Sandpiste, halb geteert, durch einen komplett unbefestigten Tunnel, der eher einer Höhle glich und am Horizont ein gewaltiges Gewitter als ständigen Begleiter. Wir haben es aber niemals eingeholt. Da es teilweise hunderte von Kilometern keine künstliche Beleuchtung gibt, sieht man die Gewitter meilenweit.


Auf einem Spielplatz in La Quiaca, an der bolivianischen Grenze

Heiner und Louise in Yavi, einem kleinen, abgelegenen Dorf ganz aus Lehmhäusern

Unsere erste Busfahrt in Bolivien

In Túpiza angekommen machten wir uns auf die Suche nach einem Tourveranstalter für Wüstentouren. Ab hier sollte es Jeepausflüge geben, vier Tage lang durch die Wüsten des Südwestens bis zum Salar de Uyuni, der grössten Salzwüste der Welt, halb so gross wie Hessen. Nachdem wir fündig wurden, starteten wir eben diese Tour morgens um halb neun. Wir, das waren zu diesem Zeitpunkt immer noch Louise, Heiner und ich, zusammen mit zwei Australiern, Rupert und Tom, mit denen wir die nächsten Tage verbrachten. Vorne sassen einmal der Fahrer (logisch, oder?) und eine Köchin, die uns in den nächsten Tagen wunderbares Essen zaubern sollte. Wir hatten alle nicht viel erwartet, aber es gab mittags und abends eine warme Mahlzeit, teilweise mit Vorsuppe, Gemüseplatte, gutem Fleisch und einer Extrawurst in Form von vegetarischem Essen für Louise, alles in einer Superqualität. Da waren wir alle wirklich platt. Vor allem, weil die Tour nichtmal mein Budget für die Tage gesprengt hat und es wirklich unglaublich günstig war, was auch an Bolivien allgemein sehr angenehm ist.

Die Tour selbst war dann ein echtes Highlight und wirklich unvergesslich. Es gab unglaubliche, unwirkliche, bunte Berg- und Seelandschaften zu sehen, viele Lamas und Flamingos, Geysire, bizarre Felsformationen, eine endlos weite Salzwüste, einen Eisenbahnfriedhof mit 100 Jahre alten Loks und vieles mehr. Es war wirklich atemberaubend schön. Wir waren mit einem 7-Sitzer unterwegs, 1300 Kilometer bei teilweise 10-20 km/h, sind morgens zwischen vier und sechs Uhr aufgestanden, haben den Sonnenaufgang bei Eiseskälte an einer Lagune gesehen und in einer heissen Quelle gebadet, in Refugios auf 4300 Metern ohne Dusche und mit drei Stunden Strom am Tag übernachtet und konnten einfach mal abschalten von jeglicher Zivilisation; Kartenspiel statt Internet, Bezinkanister auf dem Dach statt Warten auf die nächste Tankstelle. Drei Tage lang gab es nirgends etwas zu kaufen, so dass es dann schon fast ein Schock war, als das letzte Hostel (aus Salz!) einen kleinen Kiosk hatte. Wir haben aber alle widerstanden und noch ein wenig die Abgeschiedenheit geniessen können. Ich bin ja kein Freund von inflationär gebrauchten Superlativen, aber hier hat wirklich alles gestimmt und es war einfach eine unglaubliche Erfahrung, die nur schwer in Worte zu fassen ist. Jeder Südamerikareisende, der Bolivien links liegen lässt, macht meiner Meinung nach einen gewaltigen Fehler.



Zwei anscheinend beleidigte Lamas

Unser erstes Mittagessen auf der Tour (v.l.: Tom, Rupert, ich, Louise, Heiner)

Ein kleiner Sandsturm inder Ferne

Tea-Time, kurz nach Ankommen im Hostel gegen fünf Uhr

Lama mit Schmuck

Mini-Stonehenge



Bloss nicht ins Wasser fallen! Mein erstes Real-Life-Jump´n Run!

"nur Stille... und Weite..."

Vor der "Laguna Azul", der blauen Lagune

Sonnenaufgang an irgendeiner anderen Lagune

Naturgeformter Felsen in Form eines Baumes


Ziemlich zahme Flamingos...

... und ein nicht ganz so zahmer Wüstenfuchs


Die letzte Unterkunft, ein Salzhostel. Hier gab es endlich wieder Duschen!

Sonnenaufgang im Salar de Uyuni, der grössten Salzwüste der Welt

Heiner und Louise stehen auf Wizard!

Hier in der Wüste stehen lauter überdimensionale Matebecher und Gläser herum!

Noch am Abend des letzten Tages ging es weiter Richtung Potosí, die auf 4000 Metern die höchstgelegene Grossstadt der Welt ist. Die Stadt ist bekannt für ihre Minen, in denen heute noch Silber und andere Edelmetalle gefördert werden und das unter sehr widrigen Umständen, von denen wir uns selbst überzeugen konnten. Enge, niedrige Schächte, verpestete Luft, regelmässige Unfälle. Die Leute dort, teilweise Kinder, arbeiten auf eigene Rechnung, viele von ihnen halten es nur wenige Jahre aus. Die Touristen sind angehalten, ein paar Präsente für die Minenarbeiter mitzubringen, so kann man vor dem Betreten der Mine Leuchtmittel, Helme, Wasser, hochprozentigen Alkohol oder auch Dynamit kaufen. Letzteres ist hier für jedermann frei erhältlich, was einzigartig auf der ganzen Welt ist. Es ist hier aber nunmal Alltagsgegenstand für die vielen Minenarbeiter, die kein Unternehmen im Rücken haben, das sie mit Arbeitsmitteln versorgt.

Die Stadt selbst hat auf jeden Fall ihren Charme und es ist noch viel zu sehen vom einstigen Reichtum, auch bei den Leuten. Frauen in Hosenanzügen habe ich sonst nirgends in Bolivien gesehen. Der Kontrast ist natürlich auch da. Im einen Moment läuft ebenjene Frau an einem vorbei, im anderen betteln gerade mal siebenjährige Kinder um Geld.

In Potosí haben Heiner und ich uns dann von Louise verabschiedet, die noch ein bisschen mehr Zeit in Bolivien verbringen wird und erstmal Richtung Sucre aufbricht. Glücklicherweise gibt es aber ein Wiedersehen im Februar, wenn wir zusammen mit Adi nach Cusco reisen. Heiner und ich sind derweil Richtung La Paz losgezogen, für das wir leider keine Zeit übrig hatten. Stattdessen sind wir direkt weiter zum Titicacasee weitergefahren.


Ich in der Mine in Potosí

Dienstag, 4. Januar 2011

3.1.2011, 22:43 Uhr (Iguazú-Fälle / Rio de Janeiro):

To the east, to the east
The road beneath my feet.

Ich bin wieder zurück in Puerto de Iguazú, vorgestern Abend ist Verena zurück in die Heimat geflogen und mit ihr mein Laptop, was die Sache mit dem Blog nicht einfacher macht. Da es aber mittlerweile in so gut wie allen Hostels PC´s mit Internetanschluss gibt, besteht weiterhin die Möglichkeit, mich hier auszulassen. Gestern hat der vorletzte Teil meiner Reise begonnen, die mich voraussichtlich durch Paraguay, den Norden Argentiniens, Bolivien und Peru führen wird. Das Schöne dabei ist, dass nur feststeht, dass ich am 29. Januar in Juliaca am Titicacasee sein muss, der Rest bleibt 100% flexibel. Die Dezember-Reise als auch der Part im Februar waren bzw. sind relativ gut durchorganisiert, deshalb geniesse ich es jetzt, dorthin zu fahren, wo es mich hintreibt. Ich habe gestern morgen Heiner am Busbahnhof abgeholt und etwa zur gleichen Zeit kam auch Mara mit ihrer Familie hier an, die uns im Januar vielleicht für einige Zeit begleitet.

Anfang Dezember ging es also los, der zweite Teil meines Auslandssemesters begann für mich mit einer Busreise nach Buenos Aires, wo ich meine Freundin an einem sonnigen Sonntag am Flughafen abgeholt habe – mit fünf Stunden Verspätung! Schuld war aber nicht das Schneechaos, sondern ein technischer Defekt, sowohl in London, als auch in Sao Paulo, wo es eine Zwischenlandung gab. So verkürzte sich die Zeit in Buenos Aires um einen halben Tag, aber das passiert halt. Wir waren nur eine Nacht dort, hatten also nur wenig Zeit, zumal ich auch noch zum Arzt musste. Es gibt dort ein deutsches Hospital (Hospital Alemán), wo ein Deutscher super ohne Fremdsprachenkenntnisse zurecht kommt – solange er mit niemandem spricht! Denn ausgeschildert ist alles in deutsch, es gibt Informations- und Hinweistafeln in deutscher Sprache (unter anderem eine Tributtafel für die Bundesregierung, die vor etwa 40 Jahren den Bau mit einer “grosszügigen Spende” ermöglichte), aber niemand spricht sie! Egal, mir wurde trotzdem geholfen. Das war am zweiten Tag, den wir dann noch nutzten, um den Friedhof in Recoleta zu besuchen. Es war mir bisher immer ein Rätsel, wieso eine der Hauptattraktionen der Stadt ein Friedhof sein soll. Okay, ich wusste, dass Eva Perón dort begraben wurde, aber das konnte ja nicht der einzige Grund sein – und das war es auch nicht. Der Friedhof hat kein einziges herkömmliches Grab, sondern macht eher den Eindruck einer kleinen Geisterstadt, in der früher Zwerge gelebt haben. Es reiht sich ein Häuschen ans nächste, nicht sehr hoch und meistens einstöckig, was kein Wunder ist, denn die Bewohner sind ja nicht mehr imstande, die Horizontale zu verlassen. Die Särge sind in der Regel sichtbar, denn die Mausoleen haben zum Teil Glastüren und –fenster. Hier wurden und werden (natürlich) vorwiegend bekannte und reiche Persönlichkeiten beerdigt, ehemalige Präsidenten, Feldherren, Schauspieler… mich hat dieser Ort sehr beeindruckt, leider habe ich an diesem Tag meinen Fotoapparat vergessen, so dass ich hier nichts präsentieren kann. Aber wer interessiert und sicher im Umgang mit Google Pictures ist, der wird einen Weg finden, einen konkreteren Eindruck zu bekommen als meine Tote-Zwergenstadt-Beschreibung ;-).

Am Abend ging es dann schon weiter nach Córdoba, hier hatten wir ein wenig mehr Zeit. Vier Nächte, um Verena die Stadt zu zeigen, in der ich in den letzten Monaten gelebt habe. Wir waren in einem nahegelegenen Naturreservat wandern und waren unter einem Wasserfall schwimmen, es gab noch ein Abschiedsasado im Hostel und am letzten Tag waren wir zusammen mit Heiner, Daniela und Leo auf dem Konzert von La Vela Puerca (a prospos “auf dem Konzert”: wusstet ihr, dass Leute im Süden “ich gehe ans Konzert” sagen?). Rock! Laut! Endlich! Das Konzert fand in einem kleinen Stadion statt, was via Mobildach zur Halle umfunktioniert werden kann. Mit 30 Jahre alten Bussen aus Russland rumfahren, aber Stadion mit Cabriofunktion! So sind se, die Argentinier!

Wasserfall in einem Naturpark in der Nähe von Córdoba

beim Abschiedsasado im Hostel

Nach grossem Abschied ging es dann auf Mammutbustour nach Iguazú. Circa 21 Stunden ist man unterwegs, aber man weiss es ja vorher und die Zeit vergeht sowieso. Auf der Fahrt haben wir ein wirklich eindrucksvolles Gewitter aus der Ferne beobachten können, bestimmt eine Stunde lang, mit Blitzen, die die Nacht zum Tag machten. Wir waren anderthalb Tage im Nationalpark, der diese gigantischen Wasserfälle beheimatet. Es ist schwierig zu sagen, welche die grössten der Welt sind. Die höchsten, breitesten, die mit den grössten Wassermassen? Jedenfalls gehören die Iguazú-Fälle in eine Kategorie mit den Niagarafällen und den Victoriafällen, wobei jeder dieser drei wahrscheinlich den Titel für sich beansprucht. Wie dem auch sei, diese hier sind wunderbar! Was ein grandioses Naturschauspiel in genauso grandioser Umgebung. Die ganze Gegend ist in sattem Grün gemalt, es gibt insgesamt über 200 Wasserfälle, teilweise fernab der ganz grossen mitten im Dschungel. Es gibt mehrere verschiedene Wanderwege, teilweise oberhalb und teilweise unterhalb der Fälle, von woaus man sehr nah rankommt. Es gibt zahllose Schmetterlinge und Vögel sowie Geckos und Nasenbären. Leider nicht zu Gesicht bekommen haben wir Affen und Riesentukane. Auch gibt es in der Gegend noch einen kleinen Bestand an Jaguaren.
All das betrifft die argentinische Seite. Die Wasserfälle sind jedoch auch von der brasilianschen Seite aus zu besichtigen. Brasilien hat aber, was das betrifft, deutlich weniger zu bieten. Man fährt mit dem Bus anstatt wie in Argentinien mit einem kleinen Zug durch den Park, man läuft nur auf befestigtem Untergrund am Ufer entlang und nach zwei bis drei Stunden hat man alles gesehen. Meiner Meinung nach ist das hier locker verzichtbar, Argentinien hatte von vornherein den besseren Zugang zu diesem Naturspektakel und hat seinen Park auch noch mit wesentlich mehr Charme umgesetzt. Keine Frage, am Ende des Trips wird das hier weit oben auf der Liste der Highlights stehen!


Dreiländereck: vorne Argentinien, links Paraguay, rechts Brasilien.

Nasenbär im Iguazú-Nationalpark

Nasenbärfamilie bei den Wasserfällen


Gigantische Wasserfälle

Bei den Wasserfällen sind auch einige Tiere zuhause

Blick vom Upper Circuit, oberhalb der Fälle

Regenbögen bilden sich beinahe überall

... leider haben wir keine Papageien und Riesentukane gesehen, die hier auch heimisch sind

Ein durchsichtiger Schmetterling

Die Fälle von der brasilianischen Seite aus

Nach drei Nächten ging es dann weiter mit dem Flugzeug nach Rio de Janeiro. Dort wurde ich direkt am ersten Tag krank und hatte mit seltsamen Magenkrämpfen und Schüttelfrost zu kämpfen, Rio viel somit fast komplett ins Wasser, der Magen hat sich endgültig erst nach knapp zwei Wochen wieder beruhigt. Jedoch haben wir es geschafft, uns mit einer Bekannten aus Córdoba zu treffen, die aus Rio kommt und gerade auf Heimaturlaub ist. Wir waren mit ihr in Santa Teresa, einem kleinen und netten Viertel. Wir sind Bus gefahren, Taxi gefahren, Strassenbahn gefahren und haben in einem Restaurant gegessen und sie bestand darauf, alles zu bezahlen! In Rio waren wir schliesslich ihre Gäste! Unglaublich. Überhaupt, auch hier sind die Menschen meist unglaublich freundlich und hilfsbereit, steht man ratlos am Strassenrand, fragt garantiert jemand nach, was wir suchen oder ob wir Hilfe benötigen. Man sagt sich so oft: “Das in Deutschland – gibt´s nicht!”

Nächste Station in Brasilien war die Ilha Grande, eine sehr naturbelassene Insel zwei Stunden westlich von Rio. Keine Autos, keine Strassen, nur ein Ort, alles sehr urig. Die ganze Insel ist hügelig und besteht aus Resten atlantischen Regenwaldes, per Fuss nur schwer zugänglich, deshalb ist das Hauptverkehrsmittel das Boot.
In unserem Hostel gab es ein paar Tage zuvor leider eine kleine Flutkatastrophe, die das ganze Erdgeschoss knietief unter Wasser setzte. Nachdem das wieder weg war, blieb den Leuten noch etwa 15 Zentimeter Sand im Haus stehen! Als wir ankamen, war es noch sehr chaotisch, einige Schlafzimmer standen noch unter Wasser, das Hauptgebäude sah aber schon wieder manierlich aus.

Die Zeit dort haben wir natürlich genutzt, am Strand zu liegen, zu schwimmen, zig mal durch das schnuckelige Dorf zu laufen und uns über die Preise hier zu beschweren. Brasilien ist, im Vergleich zu Argentinien, unglaublich teuer. Für vieles zahlt man das doppelte, manchmal ist es schwierig, etwas zu finden, was dort günstiger ist als in Deutschland. Frische Sachen sind es meist, aber Getränke, Konserven, Süssigkeiten und der Preisniveauindikator schlechthin, der BigMäc, sind um einiges teurer. Taxi- und Busfahrten kosten das doppelte im Gegensatz zu Argentinien. Wir waren jetzt nur in einem Bundesstaat unterwegs und haben einen kleinen Ausschnitt dieses riesigen Landes gesehen, somit kann es sein, dass es an anderen Stellen ganz anders aussieht, aber das hat uns natürlich wenig interessiert.


Ilha Grande (Nordseite)

Nachdem wir die Insel wieder verlassen hatten, sind wir für eine ganze Woche nach Búzios gefahren und haben dort Weihnachten verbracht. Búzios ist ein sehr gut ausgebauter Urlaubsort, der aber seinen Dorfcharme behalten hat. 13.000 Betten stehen den Touristen zur Verfügung, keins davon jedoch in einer “Bettenburg”, es gibt nämlich keine Gebäude mit mehr als zwei Stöcken. 

Das Zentrum ist sehr schön und sehr sauber, mal so gar nicht südamerikanisch! Die Auswahl an Restaurants ist der Wahnsinn und es gibt eine sehr schöne Promenade. Wir haben direkt im Zentrum in einem Hostel gewohnt, dass vorne an der Haupteinkaufsstrasse (alles ruhig und gemütlich) und hinten am Strand lag- Meeresblick und –rauschen im Zimmer included. Für Weihnachten haben wir uns ein Zimmer in einer kleinen Pousada (Gästehaus mit meist nur einer Hand voll Zimmern) gegönnt. Eigentlich ein Doppelzimmer, am ersten Abend hatten wir aber direkt einen fetten Käfer zu Gast! Alarm beim Boss, er hat das Viech vertrieben, aber immer wieder betont, dass das normal sei. Aber ist es nicht auch normal, dass der gemeine Mitteleuropäer nicht gern mit dicken Käfern im Zimmer schläft? Am zweiten Tag hatten wir Ruhe, am dritten einen kleinen Gecko. Auch hier wieder im schlechten Englisch: “is normal”. Er hat ihn ein wenig genervt aus dem geschlossenen Fenster gescheucht. Klar, dass der kleine ganz schnell wieder drin war, wenn die Fenster einen circa ein Zentimeter dicken Schlitz haben, der nicht zuzubekommen war. Wir haben ihn dann aber nicht mehr gesehen und uns darauf verlassen, dass er uns im Schlaf nicht auffrisst.

Búzios am Abend

Búzios am Tag

Die Kreuzfahrtschiffe im Hintergrund bringen ihre Gäste mit kleinen Booten an Land, weil Búzios keinen Anleger hat

Blick aus unserem Zimmer im "Nomad Seashore Hostel"

Nach einer langen Suche im Internet nach einer Unterkunft, die einigermassen bezahlbar war, ging es für die letzten zwei Tage wieder nach Rio. Über Silvester ist es wahrscheinlich die teuerste Stadt der Welt, ein Bett im Zehnerschlafsaal kostet meist zwischen 60 und 90 Euro pro Nacht und ist mindestens vier Nächte zu buchen, Hotels an den einschlägigen Stränden Copacabana, Ipanema und Leblon kosten mindestens 400 Euro pro Nacht und Zimmer, gerne auch mal vierstellig. Wir haben etwas für zwei Nächte und für unter 50 Euro pro Person und Nacht gefunden, verhältnismässig gut, fällt aber trotzdem definitiv in die Kategorie “once in a lifetime”. So viel Geld zahle ich nie mehr für ein Bett im Dorm! Dafür hatten wir zum Abschluss noch zwei echt tolle Tage, wir waren bei der Jesus-Statue mit fantastischem Blick über die ganze Stadt und haben kleine Kapuzineräffchen gesehen – mitten in Rio! Das “Rio Nature Hostel” liegt am Hang eines Berges zwischen Botafogo und Copacabana, dort tummeln sich ganz viele davon! Als wir ein Äffchen gesehen haben, haben wir schnell unsere Banane geholt und ihm ein Stückchen hingelegt. Der kleine hat Laute von sich gegeben und in wenigen Sekunden kamen aus allen Richtungen ganz viele von ihnen! Leider hatten wir nur eine Banane, so konnten wir nicht jeden glücklich machen. Wir haben ihnen noch Salat und Gurke hingelegt, nach Inspektion befanden sie es aber für nicht gut genug und liessen es liegen. Ganz schön verwöhnt!
Nicht nur mit den Affen hatten wir Glück, auch mit den Leuten im Hostel, mit denen wir Silvester an der Copacabana verbracht haben. Mit Carlos aus Kolumbien (jetzt Austin/Texas), Dylan aus Südafrika, Courteney und Ray aus San Diego und zwei Mädels aus Brasilien sind wir an Reveillon, so der Name für die Neujahrsnacht in Rio, losgezogen. So angenehme, symphatische und rücksichtsvolle Menschen trifft man echt selten! Schon nachmittags begann sich der Strand zu füllen, abends war er mitsamt Uferstrasse voller Menschen. Zwei Millionen feierten dort, bei angenehmen 28 Grad, mit Bühnen, Musik und vor der Kulisse von zahlreichen beleuchteten Kreuzfahrtschiffen. Trotz der vielen Menschen macht alles einen gemütlichen Charakter, man sitzt im Sand, macht Fotos, erzählt sich von seltsamen Neujahrsritualen und wartet auf die Sekunde und das anschliessende gigantische Feuerwerk. Weihnachten dachte ich noch: das ist es nicht, es fehlt etwas. Silvester könnte man meinetwegen bei uns auch bedenkenlos in den Sommer verlegen! Das hat gepasst!

An Neujahr haben wir uns von unseren Freunden und von den Affen und dann voneinander verabschiedet. Für mich gings weiter Richtung Westen, für Verena Richtung Nordosten. Beide Flieger haben ca. 30 Minuten Verspätung, so dass wir fast gleichzeitig gestartet sein dürften.


Kleiner Affe in den Bäumen vor unserem Hostel in Rio

Blick auf die Jesus-Statue (links) und auf eine der zahlreichen Favelas (rechts) ...

... und Blick von der Statue auf die Stadt.

Carlos und ich in den Roy-Black-Gedächtnisfarben

Feuerwerk an der Copacabana


Die Nacht habe ich dann am Flughafen verbracht, den Morgen am Busbahnhof auf der brasilianischen Seite von Iguazú. Am Flughafen bekam ich die Info, dass der erste Bus um sieben nach Argentinien aufbricht. Am Busbahnhof dann, dass der erste um halb neun fährt. Tatsächlich ging es um viertel nach neun los, juhu. Gott sei Dank wurde die Uhr dann in Argentinien eine Stunde zurückgestellt, sonst hätte ich Heiner nicht rechtzeitig am Bahnhof abholen können…

Happy New Year!