Sonntag, 19. September 2010

18.9.2010, 23.09 Uhr:

„Manchmal steckst du fest und denkst, du kommst nie wieder frei - und manchmal geht der Weg sich wie von selbst.“

Zwei Wochen sind ins Land gezogen seit meinem letzten Eintrag. Ich stecke gerade in den Vorbereitungen für unsere kleine Reise, die wir nächste Woche machen. Wir planen, am Montag Richtung Nordwesten des Landes zu fahren, in die Provinzen Salta und Jujuy. Ich glaube, ich habe schonmal erwähnt, dass am Montag die Semana de Estudiantes beginnt, eine Woche lang keine Kurse stattfinden und wir ein bißchen mehr Zeit haben, unterwegs zu sein. Ansonsten schreibe ich gerade noch an zwei Projektarbeiten für die deutsche Uni, die bis Ende des Monats fertig sein müssen - ein Forschungsbericht zum Thema Wirtschaftskontakte und Interkultureller Kompetenz sowie einer kommentierten Bibliographie mit dem wunderschönen Titel „Dominikanische Republik – Sprach – und Kulturkontaktprobleme der haitianischen Immigration“. Mir geht’s gut und ich freu mich, endlich mal ein paar Tage rauszukommen aus der Stadt!

An meinem Geburtstag war ich zusammen mit Heiner, Karo, Leona und Tina zusammen essen, lecker Rumpsteak (was sonst!). Danach sind wir in eine Bar gegangen, wo wir noch auf Danielle samt Anhang getroffen sind. Danielle hat jamaikanische Wurzeln, kommt aus London, studiert in Nottingham und spricht mehr Sprachen als jede andere Person, die ich kenne. Ihr deutsch ist wirklich gut, auch wenn sie das immer abstreitet! Ihre Begleitung, Leo, studiert auch Sprachen und ist Heiners Zimmergenosse in deren Residencia. Das unglaubliche: Die beiden wussten nicht, dass sie am Abend auf dem selben Geburtstag sind, es war also reiner Zufall, dass Danielle ausgerechnet Heiners Zimmergenossen mitgebracht hat! Zufälle gibt’s!


Wir in der Bodega de Faustino

So sieht ein gutes Stück Fleisch aus!

Eine Liveband hat auch gespielt, allerdings nur einen Song! Da lohnt es sich doch, eine komplette Backline für aufzubauen! Wahrscheinlich haben sie aber später in der Nacht noch weiter gespielt, als wir schon weg waren. Es war aber ein wirklich netter Abend, wobei es natürlich ungewohnt ist, seinen Geburtstag ohne Freunde und Familie zuhause zu feiern. Das war wahrscheinlich sogar mein erster Geburtstag außerhalb von Rees, ich kann mich nicht erinnern, irgendwann mal unterwegs gewesen zu sein.

Karo, Leona, ich, Danielle und Heiner in der Bar Maria Maria

In der darauffolgenden Woche ist wieder nicht viel passiert. In der Uni fällt aufgrund von Paro (Streik) ab und zu immer mal wieder was aus, ich habe mein erstes practico (Test) geschrieben (und bestanden – Wahnsinn!) und wir haben uns um unser Visum bemüht. Eigentlich ist es unnötig, dass zu beantragen, denn mit deutschem Pass bekommt man ein 90-tägiges Touristenvisum, was um dieselbe Zeit erneuert wird, wenn du einmal aus- und wieder einreist. Bedeutet: Einmal ein Besuch in Chile, Bolivien oder sonstwo während deines Aufenthaltes in Argentinien – und das haben die meisten ja sowieso vor. Die Uni lässt uns aber keine Wahl und zwingt uns, ohne erkennbaren Sinn den bürokratischen Weg zu gehen. Der beginnt mit dreistündiger Wartezeit, die sich aber durchaus gelohnt hat, denn danach hatten wir… einen Termin für Anfang Oktober in der Tasche! Liebe Deutsche, wenn ihr euch also nächstes Mal aufregt, dass ihr drei Stunden beim Arzt warten müsst, denkt an die Migraciones in Argentinien, die einen drei Stunden auf eine Terminvergabe warten lässt! Wer weiß, wie lange es dann beim nächsten Mal dauert. Klar, andere Länder, andere Sitten, andere Kultur, alles ist anders und ich will auch eigentlich möglichst wenig meckern, aber man muss das jawohl auch durchaus mal negativ bewerten dürfen, ohne gleich als Kulturbanause abgestempelt zu werden. Aber klar, im Endeffekt bekommen wir irgendwann unser Visum und die paar Stunden Wartezeit haben uns dann auch nicht umgebracht.


Picadilly Circus für Arme

Eine Art Volksfest mit Livemusik auf der Plaza Colón

Diesen Donnerstag waren wir nochmal bei unseren Freunden vom Baluch Hostel, zum Asado. Das war beim letzten Mal wirklich weltklasse, so dass wir nachgefragt haben, ob wir nochmal kommen können, war natürlich kein Problem. Wir sind in diesem Falle: Heiner, Vanessa, Astrid und ich. Weil es jetzt schon fast Frühling ist, fand es dieses Mal oben auf der Dachterasse statt. Mit Jacke waren die Temperaturen auch abends um 11 noch absolut in Ordnung. Heute waren unter anderem wieder ein paar Franzosen, ein Uruguayer und ein Australier dort. Andrew, der Australier, ist für mehrere Wochen in Lateinamerika unterwegs, war schon in Ecuador, Peru und Bolivien, ist gerade in Córdoba und hat noch die Wasserfälle von Iguazú und Buenos Aires vor sich. Sehr netter Kerl, mit dem ich mich bei bestem Fleisch recht lange unterhalten habe.

Asado auf der Dachterasse des Baluch Hostels

Blick in die Nachbarschaft des Nordzentrums von der Baluch-Dachterasse
ich, Heiner, unknown, Andrew

Heute wollte es der Zufall so, dass ich mit Vanessa und Astrid (den beiden Mädels aus Köln) zusammen zu einer Art Pferderanch gefahren bin, circa zwei Stunden mit dem Bus Richtung Norden. Astrid lernt dort, Polo zu spielen und eigentlich wollten wir ihr dabei zusehen, aber aufgrund eines Missverständnisses konnte sie heute keinen Unterricht nehmen. Egal, es war die Fahrt trotzdem allemal wert, denn es ist immer schön, rauszukommen, der kleine Ort war nett und die Ranch sowieso, freundliche Leute, tolle Landschaft und ein kleiner Berg, den wir erklommen haben!

Auf der Fahrt nach Villa del Totoral

Hottas auf der Hottaranch

Die Ranch selbst

Aufenthaltsraum

ohne Worte



Ein Hundi darf hier natürlich nicht fehlen



Der Mond schiebt 24-Stunden-Schichten

Auf dem Gipfel des Miniberges





Nach meinem ersten Australier habe ich hier im Hostel auch meinen ersten Peruaner kennengelernt, der großer Beatles-Fan ist und dem die Kinnlade runtergefallen ist, als ich ihm erzählt habe, dass mein Vater die Beatles in den 1960ern live gesehen hat. Er hat mir natürlich auch Reisetipps gegeben, so wie alle Leute hier, die man darauf anspricht. Es ist wirklich jeder unglaublich hilfsbereit und gibt einem selbst dann Tipps, wenn man gar nicht danach fragt. So mischte sich gerade eben ein Mexikaner ein, als ich mit dem Mädel von der Rezeption über Salta geredet habe und mir ein paar Tipps für unseren Trip abholen wollte. Er kam wohl mehr oder weniger gerade aus dieser Ecke und hat mir quasi eine komplette Tour aufgeschrieben, die für eine Woche geeignet ist. Also, das macht wirklich Spaß und Leute aus aller Welt kennenzulernen ist ja auch absolutes Neuland für mich.

Morgen werde ich dann nochmal meine Projektarbeiten in Angriff nehmen sowie unseren Trip mit Vanessa und Heiner abstimmen, damit es Montag auch endlich losgehen kann. Ich freu mich drauf und habe jetzt auch endgültig die Gelassenheit gefunden, die man für so eine Auslandsgeschichte, wie ich sie gerade mache, braucht.

Freitag, 3. September 2010

3.9.2010, 19.26 Uhr:

Kurz vor dem Wochenende gibt es noch schnell ein Update. Im Laufe der letzten sieben Tage gab es wieder eine Menge zu organisieren – dieses Mal allerdings nichts für die Uni, sondern in erster Linie Flüge für Verena und Adi. Es war nicht einfach, etwas Gescheites für Verena zu finden, denn wir hatten uns vorgenommen, doch noch Flüge über Weihnachten zu finden. Und jeder, der zu dieser Zeit schon einmal in der Welt unterwegs war, wird wissen, dass das nicht unbedingt einfach ist. So habe ich insgesamt bestimmt 15 oder mehr Stunden damit verbracht, den Weiten des Internets eine bezahlbare Alternative zu entlocken. Wir hatten uns eigentlich schon damit abgefunden, dass sie noch in diesem Jahr den Kontinent verlässt, da Kombinationen mit einem Rückflug im alten Jahr im Schnitt ca. 200 Euro günstiger sind. Bei den deutschen Suchmaschinen war dann tatsächlich eine Verbindung mit Rückflug an Silvester diejenige, die das Rennen machen sollte. Kurz vor knapp habe ich dann aber nochmal amerikanische Suchmaschinen bedient und tatsächlich noch etwas mit Rückflug am 1.1. gefunden – und das zu einem wirklich (verhältnismäßig) unschlagbaren Preis, mit British Airways ab Düsseldorf über London. So kann sie dann auch noch an Silvester am Strand liegen, juhu!

Für Adi, einem Freund von mir, mit dem ich den letzten Teil meiner Reise gemeinsam machen werde, war die ganze Sache wesentlich entspannter. Wir hatten uns schon in Deutschland die entsprechenden Flüge herausgesucht, die wir dann jetzt einfach gebucht haben. Wir sind der Regierung damit ein paar Tage zuvorgekommen und haben uns erfolgreich vor der neuen Flugsteuer gedrückt, die Langfliegen für alle Buchungen ab 1. September 45 Euro teurer macht, yeah! Also, mit ihm zusammen werde ich dann am 3.3.2011 in den Flieger gen Heimat steigen. Junge, ich freu mich auf unsere Reise!

Nachdem das dann alles in trockenen Tüchern war, hatte ich Zeit, mir ein wenig Gedanken darüber zu machen, was man denn so in unserer freien Woche Ende September machen könnte, in der die Studenten typischerweise unterwegs sind. Da Chile auf meiner Route nach dem Semester nicht auftauchen wird, habe ich mir überlegt, dass das eine gute Sache wäre. Es bietet sich aber sowieso an für einen Kurztripp, da das Land nicht sonderlich weit von Córdoba entfernt ist. 

Blick aus dem Fenster des Hostels


Letztes Wochenende habe ich zwei Mädels hier aus dem Hostel verabschiedet, die die Zeit nach ihrem Abitur genutzt haben, hier im Kindergarten zu arbeiten und ein bißchen Urlaub zu machen. Dazu kann ich eine lustige und absolut typische Geschichte erzählen: Im habe nicht immer Lust, mit meinem Laptop in meinem Zimmer zu hocken, also bin ich manchmal auch im Computerraum anzutreffen. Das Ding hat genau drei Arbeitsplätze, die irgendwann letzte Woche von den beiden Mädels und mir besetzt wurden. Die beiden plaudern munter miteinander über alles mögliche und – wie sollte es an dieser Stelle anders sein – fühlten sich von mir gänzlich unverstanden. Wieso sollte der Typ neben ihnen auch ausgerechnet ein Deutscher sein? Nach einem Nießer von mir wünscht mir eine der Mädels „Gesundheit“, auf spanisch. Ich bedanke mich, auf deutsch. Damit haste nicht gerechnet. Also, auch wenn man sich immer in Sicherheit wähnt und meint, dass niemand einen versteht: Obacht! :-D Eine typische Hostelstory, genau wie die Geschichte mit den zwei Deutschen, die sich erstmal auf Englisch unterhalten, bis sie merken, dass es einen Code gibt, der sich unter den gegebenen Umständen dann doch besser eignet! ;o)

Ich mit Katalin und Juliane

Von den beiden habe ich dann auch erfahren, dass der Zoo hier in Córdoba doch ganz brauchbar ist. Das hatte ich mir dann für den Samstag vorgenommen, es hat aber zeitlich nicht hingehauen und es blieb bei der Besichtigung des Parque Samiento, einem kleinen Naherholungsgebiet hier. Echt nett eigentlich, da werde ich sicherlich ab und zu mal sein, wenn es wieder wärmer wird. Seit Sonntag ist es nämlich wieder kälter. Wir hatten hier einen Temperatursprung der Tageshöchsttemperatur von etwa 25°. Am Samstag hatten wir hier 34, am Mittwoch nur noch 9°. Der September ist gekommen, das Klimadiagramm sagt fünf Regentage voraus (August: ein Regentag) und der Wettergott dreht sofort an seinen Reglern. Drei Tage lang dichte Bewölkung und ab und zu ein bißchen Regen, sowas habe ich hier in den letzten vier Wochen nicht gesehen. Es wird aber wieder besser und übermorgen werden es schon wieder etwa 25°.




Die Isla Encantada



Auch hier gibt's einen Leuchtturm. Wo bitte geht's nach Ameland? :D

Da ja übermorgen so ein schöner Tag ist, habe ich ein paar Leute für den Abend in eine Bar eingeladen . Gleich werde ich noch „Abendbrot“ (Nudeln mit Bolognese) essen und den Rest des Abends wahrscheinlich wieder damit verbringen, meine über die Jahre angesammelten Filmlücken zu schließen. So habe ich in den letzten zwei Wochen schon Apocalypse Now, The Green Mile und Kill Bill Vol. 1 und 2 gesehen, die ja alle im Lexikon der guten Filme stehen – und was soll ich euch sagen, ich wurde nicht enttäuscht!

Das war es für heute, ich bemühe mich, dass es bei meinem nächsten Eintrag nicht mehr um Preise, Wetter und Filme, sondern auf besonderen Wunsch von Anika wieder mehr um Fleisch geht! ;o)


Hier gehen wir ab und zu Nudeln essen!