Dienstag, 15. März 2011

14.3.2011, 15:52 Uhr (Titikakasee / Lima / Osterinsel / Cusco):

In den letzten Wochen meiner Reise bin ich leider nicht mehr dazu gekommen, meinen Blog zu aktualisieren. Entweder fehlte es an Zeit, an einer einigermaßen vernünftigen Internetverbindung oder an einem Cardreader, mit dem ich meine Fotos überspielen kann. Unverhofft war ich fünf Tage länger unterwegs als geplant.

Der Plan: Am Morgen des 2.3. fliegen wir von Trujillo nach Lima, um von dort aus nach Caracas zu starten, wo wir einen Tag später unseren Heimflug nach Frankfurt antreten.

Die Realität: Am Morgen des 2.3. steckt Lima in einer dicken Nebelwolke, der Flughafen ist gesperrt, es gehen keine Flieger raus und es kommen keine rein. LAN cancelt unseren Flug ersatzlos, der Flieger von Lima nach Caracas am Nachmittag startet ohne uns. Anfangs im Glauben, dass LAN es wohl irgendwie hinbekommen wird, uns innerhalb von 30 Stunden nach Caracas zu bringen, mussten wir uns langsam der Realität stellen: Die Airline ruht sich darauf aus, dass es höhere Gewalt war – das heißt: die Passagiere sind erstmal scheißegal. Der nächste Flieger, den man uns anbot, ging am nächsten Tag gegen Mittag, direkt mit dem Hinweis, dass es aber auch sein kann, dass dieser ausfällt und man empfahl uns, einen Bus nach Lima zu nehmen, von dort aus könne man gegebenenfalls mehr erreichen. Im LAN-Büro im Zentrum von Trujillo wollte man uns dann sogar weismachen, dass unser (nebenbei bemerkt hundsteures) Ticket nach Caracas jetzt einfach verfallen würde, weil war ja höhere Gewalt. Aber wir hatten Glück, da wir ein recht flexibles Ticket hatten, was kostenlos umbuchbar war. Nur hatten wir nichts davon, in Caracas zu landen, nachdem unser Flieger nach Hause schon lange weg war. Die beiden Damen boten uns außerdem an, für eine Strafgebühr (Penalty!) von 100 US-Dollar unser Ticket zu erstatten. LAN wollte tatsächlich noch Geld damit verdienen, uns nicht befördert zu haben! Wir dachten, dass sich die Damen dort in der Provinz einfach nicht auskennen, aber diese Praxis wurde uns in Lima dann tatsächlich von der Chefin des Kundencenters bestätigt. Nach ellenlangen Diskussionen mit verschiedenen Mitarbeitern dort sahen wir die einzige Chance, unser Geld wiederzubekommen darin, uns an den Internetanbieter zu wenden, wo wir das Ticket gebucht hatten. Und zack, nach einem halbstündigen Telefonat hatten wir die Zusage, dass der komplette Preis erstattet wird. So geht’s doch auch!

Nun saßen wir aber trotzdem noch in Lima, unser Flug nach Frankfurt war längst weg und wir mussten eine Alternative suchen. Den Lufthansaflug nach Frankfurt umzubuchen war keine Alternative, da die Airline knapp 500 Euro haben wollte, wenn man den Flug einen oder mehrere Tage nach hinten verlegen wollte. So haben wir gesucht und gesucht und sind auf eine Billigairline gestoßen, die uns für verhältnismäßig wenig Geld nach Florida flog. Von da aus kamen wir dann dank Air Berlin zwei Tage später nach Düsseldorf. Wer sich ein bißchen mit Flugpreisen auskennt, der wird wissen, dass es verdammt teuer wird, wenn man kurzfristig bucht und das Oneway-Flüge meist sowieso unbezahlbar sind. Beides in Kombination ist eigentlich tödlich, so dass wir sehr glücklich waren, diese preislich wirklich annehmbare Kombination gefunden zu haben!

Fühlt sich super an, sieht scheiße aus
Aber ich mach das beste draus.

Kurze Einordnung: Bis Adi kommt sind wir ein paar Tage zu zweit unterwegs. Wir haben gerade die bolivianisch-peruanische Grenze passiert und sind jetzt am Titikakasee. Dort haben wir nicht viel unternommen, da es mir nicht so gut ging. Das einzige, was wir besichtigt haben, waren die schwimmenden Inseln im See, die zum Großteil aus Schilf bestehen und die noch heute von Nachfahren der Aymara-Indianer bewohnt werden. Von Juliaca am Titikakasee ging es weiter nach Lima, wo wir noch in derselben Nacht Adi am Flughafen abgeholt haben.

Nun hatten wir noch drei Tage in Lima, bevor es zur Osterinsel ging. Von Lima hat niemand von uns viel erwartet, da man selten was Gutes über diese Stadt hört. Umso schöner ist es dann, wenn man damit überrascht wird, dass die Stadt wirklich einiges zu bieten hat. Wir waren, wie die allermeisten Touristen, im Stadtteil Miraflores in einem wunderbaren Hostel, nur wenige Blocks vom Meer entfernt. Das Hostel war wirklich eines der besten, in denen ich in der ganzen Zeit gewohnt habe, so wohl gefühlt habe ich mich sonst nur „zuhause“ in Córdoba. Die Küste dort ist ebenfalls der Hammer, kilometerweit ein sehr grüner gepflegter Park, der etwa 50 Meter über dem Meer schwebt, hinter einer Steilküste. Das Zentrum ist ebenfalls sehr modern und gepflegt und stand in komplettem Kontrast zu dem Peru, was wir bisher kennengelernt hatten. 


Schwimmende Insel am Titikakasee


An der Küste Limas

Dann ging es zur Osterinsel, fünfeinhalb Stunden Flug über den Pazifik, zu einer der abgelegensten Inseln der Welt. Über 3500 Kilometer sind es bis zum südamerikanischen Festland, Richtung Westen sind es etwa 4000 Kilometer, bis man mitten in der Südsee ist. Wir haben hier vier Nächte in einem Hostel verbracht und drei Nächte auf einem Campingplatz mit Meerblick. Ärgerlich, dass wir es nicht vorher dorthin geschafft haben, weil es erstens viel billiger, aber vor allem auch viel schöner dort war als im Hostel. Die Insel ist sowieso aufgrund ihrer Abgeschiedenheit relativ teuer. Nach drei Wochen in Peru und Bolivien kriegt man schon einen kleinen Schock, wenn man für eine Wasserflasche umgerechnet zwei Euro oder für eine Portion Pommes etwa vier Euro bezahlen muss. Abgesehen davon war es aber ein sehr schönes Erlebnis, einmal so weit weg von allem zu sein. Wir haben den unglaublichen Sternenhimmel genossen, saßen mit der Gitarre am Meer, waren am Strand, haben einen Tag die Insel mit einem Klappergestell, was sich Auto nannte, erkundet und hatten das Glück, genau zu der Zeit dazusein, wo hier das größte Festival des Jahres stattfindet. Jedes Jahr im Februar gibt es ein zehntägiges Event, wo die Einheimnischen Tänze aufführen, Konzerte spielen und vieles mehr machen.
Einer der zahlreichen Moais auf der Osterinsel

Bei "Donde el Gordo", Hotdog essen und Kakao trinken

Heiner, Adi und 9 von 15 Moais

Anakena Beach, der einzige nennenswerte Strand der Insel

Blick aus unserem Zelt
Bei einer stundenlangen Wanderung quer über die Insel



Moais vor dem Sonnenaufgang



Krater des zweitgrößten Vulkans der Insel

Adi und unsere Gitarre

Der erste Tag vom Tapati Festival 2011
Nach dem Rückflug nach Lima sind wir (jetzt nur noch Adi und ich, Heiner ist bereits nach vier Tagen auf der Insel wieder abgereist) relativ zügig zurück zum Titikakasee geflogen, wo Louise und Adi sich dann kennengelernt haben. In dieser Konstellation sollten wir dann jetzt gut zwei Wochen unterwegs sein, bevor Louise Ende Februar dann das nachholt, was wir gerade hinter uns gebracht haben: zur Osterinsel zu fliegen. Adi und ich hatten erstmal ganz schön mit der Höhe zu kämpfen: Von Meereshöhe ging es innerhalb einer Stunde auf 3800 Meter hoch. Ich war zwei Tage lang eigentlich nur müde. Als wir wieder einigermaßen fit waren, ging es mit dem Bus weiter nach Cusco, einer historisch unglaublich bedeutenden Stadt mitten in den Anden. Auch hier hatten wir ein herrliches Hostel, wo es jeden Abend verdammt gutes Essen für verdammt wenig Geld gab. Von Cusco aus starteten wir eine Tour ins Sacred Valley und zum Machupicchu, der alten Hauptstadt der Inka, deren Wiederentdeckung sich dieses Jahr erst zum 100. Mal jährt. Unglaublich, dass so etwas noch Anfang des letzten Jahrhunderts unentdeckt war! Hier vor Ort hat man einen tollen Eindruck davon bekommen, wie die Inka damals gelebt haben und es ist erstaunlich, was noch alles erhalten geblieben ist. Wobei man dazusagen muss, dass viele Bauwerke ja auch „erst“ etwa 600 – 700 Jahre alt sind und damit überhaupt kein Vergleich zum Beispiel zu den Bauwerken aus der Zeit des Römischen Reiches oder der alten Ägypter.

Wir mit Ye-Yong, einem koreanischen Philosophieprofessor, der zwei Tage mit uns unterwegs war
Blick aufs Sacred Valley, Cusco

Louise und ich in Ollantaytambo - von hier aus fährt der Zug nach Machupicchu

Machupicchu von oben
Einer der wenigen Bewohner Machupicchus


Nächstes Ziel war dann wieder Lima. Da wir uns aber keine 25-stündige Bustour antun wollten, machten wir einen zweitägigen Zwischenstopp in Arequipa, der zweitgrößten Stadt des Landes. Die Gegend hier und auch der komplette Küstenstreifen Perus ähnelt sehr einer Mondlandschaft. Arequipa selbst fand ich recht unspektakulär, irgendwo zwischen modernem Lima und indigenem Puno. So freute ich mich dann auf unseren vermeintlich letzten Stopp in Lima, aufs Cirque Hostel und aufs Meer. Hier hatten wir dann noch ein paar tolle Tage, wir haben uns von Louise verabschiedet und ich mich quasi schon von Südamerika. Ich hatte keine großen Erwartungen an die letzten beiden Tage im Norden des Landes und so kam es auch, dass Trujillo eher wenig zu bieten hatte und wir uns ja auch noch mit dem ganzen Ärger rumschlagen mussten, den uns die Streichung unseres Fluges eingebracht hatte. Nachdem wir aber nach gut zwei Tagen mehr oder weniger alles geklärt hatten, haben wir die unverhofften Tage in Lima und vor allem die beiden Tage in Florida sehr genossen. Wir sind in Fort Lauderdale gelandet und haben dort nach sehr nervigen Einreisemodalitäten („Was willst du hier? Was bist du von Beruf?Ach, Student? Wer hat denn dann deinen Flug bezahlt?“) unseren Mietwagen abgeholt. Es war ein richtig tolles Gefühl, nach sieben Monaten des Busreisens nun die Freiheit zu haben, schnell und spontan dorthin zu fahren, wohin man will. Wie sich das gehört, haben wir Burger gegessen, zu lauter amerikanischer Rockmusik sind wir den Highway runtergefahren und haben ein wirklich sehr freundliches und entspanntes Völkchen erlebt, von den Grenzbeamten mal abgesehen. Das lustige: Im September werde ich zusammen mit Freunden genau hierher nach Südflorida zurückkehren – somit konnte ich mir schonmal einen kleinen Vorgeschmack holen. Insgesamt war es ein verdammt würdiger Abschluss einer Reise, die man so wohl nur einmal im Leben macht.

Die letzten beiden Einträge folgen dann innerhalb der nächsten zwei Wochen.


Ich auf der Terasse des Cirque Hostels, Lima
Unsere Gitarre  im Cirque

Kerker eines Klosters in der Altstadt von Lima

Hostelzimmer in Trujillo

Zurück in Lima, ein letztes Mal an der Küste
Wir mit zwei Mitarbeitern des Cirque
USA!

Adi und Odyss, eine riesige Dalmatiner-Dogge, im Hostel in Ft. Myers

Wir mit Pia und zwei anderen Jungs (ja, das mit den Namen ist nicht immer so einfach)

Samstag, 29. Januar 2011

28.1.2011, 23:31 Uhr (Iguazú-Fälle (2) / Salta (2) / Bolivien):

To the west, to the west
I haven´t got there yet.

Nach etwa zehn Tagen in Bolivien bin ich heute in Peru angekommen. Ich bin in Puno am Titicacasee, von wo aus es morgen mit dem Flieger Richtung Lima geht, um meinen Freund Adi abzuholen, der ein paar Stunden später am Flughafen eintrudeln wird. Danach haben wir ein paar Tage, um die Hauptstadt Perus kennenzulernen. Viel Gutes habe ich noch nicht gehört, aber man wird´s sehen. Am zweiten Februar geht es dann für eine Woche auf die Osterinsel. An der Stelle nochmal der Hinweis an alle, die von den „Osterinseln“ sprechen: das scheint ein Phänomen in Deutschland zu sein, dass die Leute glauben, es handele sich um eine Inselgruppe. In Englisch heisst es „Easter Island“ und in Spanisch „Isla de Pascua“, beides zurecht im Singular! ;-)

Nachdem ich Anfang Januar wieder in Iguazú gestrandet bin, habe ich mir mit Heiner nochmal die Fälle angeschaut, diesmal nur die argentinische Seite. Lustiger Zwischenfall: Wie ich ja schon geschrieben habe, laufen dort zuhauf Ameisenbären rum, die gerne das Essen der Touristen stibitzen. Ein Argentinier machte Heiner darauf aufmerksam, dass er doch bitte seine Tasche nicht unbeaufsichtigt stehen lassen sollte. Der erwiderte, dass es kein Problem sei, weil dort kein Essen drin ist. Der Mann schüttelt den Kopf und meint in etwa: „Nicht wegen den Bären, sondern wegen den Bolivianern“. So viel zum Thema gute Nachbarschaft und Vorurteile. Ausserdem waren wir in einer Art Aufzuchtstation für Tiere der Umgebung, was ein sehr schönes Erlebnis war. Dort habe ich dann auch endlich einen Tukan zu Gesicht bekommen. Diese Tiere gibt es hier zwar zuhauf in der freien Wildbahn, allerdings befinden sie sich fast nur in Höhen von 13 bis 18 Metern, so dass man sie kaum zu Gesicht bekommt.


Riesentukan in der Tieraufzuchtstation

Sonnenuntergang in Corrientes, kurz vor der Abfahrt nach Salta

Nachdem Iguazú endgültig abgehakt war, ging es weiter nach San Ignacio, immer noch im Bundesstaat Misiones. Hier wurden vor einigen Jahrhunderten Missionen von Jesuitenorden gegründet, um die dort lebende indigene Bevölkerung der Guaraní vor Versklavung zu schützen. Abends, nach Einbruch der Dunkelheit, haben wir die Mission besichtigt und bekamen die Geschichte anhand eines beeindruckenden Lichtspiels näher gebracht. Am Tag danach ging es mit kurzem Zwischenstopp in der wenig touristischen Stadt Corrientes über Nacht nach Salta. Hier hat sich Heiner entschieden, für eine Woche zurück nach Córdoba zu fahren, ich wurde wiedermal krank und lag ein paar Tage flach. Bevor das passierte, haben wir zwei Mädels kennengelernt, mit denen wir dann auch einen Tag verbracht haben, die Stadt zu erkunden. Mit einer von beiden bin ich dann auch weiter Richtung Jujuy aufgebrochen. Louise ist Dänin, hat aber in Deutschland studiert, spricht also fliessend deutsch. Auch wenn mein Englisch sicher nicht der letzte Mist ist und ich mich auch mal eine Zeit lang über andere Themen als Reisen unterhalten kann, stösst man doch irgendwann an seine Grenzen und dann ist man froh, sich in seiner Muttersprache unterhalten zu können, gerade, wenn man länger zusammen unterwegs ist. In zwei Tagen Jujuy haben wir nicht sehr viel geschafft, haben aber immerhin einen Ausflug nach Purmamarca gemacht und waren dort in den Bergen unterwegs. Was für Farben! Was für eine Gegend!


Irgendwo in der Quebrada de Humahuaca, ganz im Norden Argentiniens

Wandern in Purmamarca

Heiner hatte sich angekündigt, unsere kleine Reisegruppe für die nächste Zeit zu vergrössern, er kam über Nacht nach Jujuy und von dort ging es direkt etwa fünf Stunden weiter mit dem Bus zur bolivianischen Grenze, nach La Quiaca. Ursprünglich war geplant, mit dem Bus nach San Pedro de Atacama in Chile zu fahren, dieser war aber für eine komplette Woche ausgebucht, so entschieden wir uns, definitiv den Weg nach Peru durch Bolivien zu machen, was sich im Nachhinein als Glücksgriff herausstellte. Nach meiner allerersten Grenzüberquerung zu Fuss, die hier wegen der argentinischen Formalitäten auch mal gut und gerne vier Stunden dauern kann (zum Vergleich: in Iguazú waren es etwa fünf Minuten), wurden wir im schrulligen Grenzhäuschen Boliviens direkt von einem Plakat angelacht, dass den Präsidenten Evo Morales schmückte, der hier allgegenwärtig ist. Trotz der fast durchgängig indigenen Bevölkerung ist er der erste indigene Präsident des Landes und anscheinend sehr beliebt. Eine Frau in einem Geschäft zeigte uns ihr Bild und sagte stolz: „Mi Presidente!“ Nun sind wir in Villazón, der bolivianischen Nachbarstadt des argentinischen La Quiaca. Was sofort auffällt: Die Menschen hier sind sehr anders. Die Argentinier sind temperamentvoll, im Zentrum des Landes und in der Hauptstadt mehr als hier im Norden, wohingegen die Bolivianer im Allgemeinen sehr zurückhaltend sind, was manchmal unsympathisch wirkt, wenn man an anderes gewöhnt ist. Bedankt man sich bei einem Argentinier, schmettert der erstmal freundlich lächelnd ein „de nada“ hinterher, vom Bolivianer darf man keine Reaktion erwarten. Natürlich merkt man auch sofort den Wohlstandsunterschied; Bolivien ist das ärmste Land Südamerikas, Argentinien eines der reichsten.

Abends ging es dann noch weiter nach Túpiza, drei Stunden Richtung Norden. Man wird an allen Ecken und Enden vor Busfahrten in Bolivien gewarnt: Vorsicht! Nicht nachts fahren! Der Grund: Bolivien hat bei einer dreimal so grossen Fläche wie Deutschland nur wenige tausend Kilometer geteerte Strasse, meist geht es über einfache Sandpisten und das in den Anden! So war die erste Busfahrt auch gleich recht spektakulär, halb Sandpiste, halb geteert, durch einen komplett unbefestigten Tunnel, der eher einer Höhle glich und am Horizont ein gewaltiges Gewitter als ständigen Begleiter. Wir haben es aber niemals eingeholt. Da es teilweise hunderte von Kilometern keine künstliche Beleuchtung gibt, sieht man die Gewitter meilenweit.


Auf einem Spielplatz in La Quiaca, an der bolivianischen Grenze

Heiner und Louise in Yavi, einem kleinen, abgelegenen Dorf ganz aus Lehmhäusern

Unsere erste Busfahrt in Bolivien

In Túpiza angekommen machten wir uns auf die Suche nach einem Tourveranstalter für Wüstentouren. Ab hier sollte es Jeepausflüge geben, vier Tage lang durch die Wüsten des Südwestens bis zum Salar de Uyuni, der grössten Salzwüste der Welt, halb so gross wie Hessen. Nachdem wir fündig wurden, starteten wir eben diese Tour morgens um halb neun. Wir, das waren zu diesem Zeitpunkt immer noch Louise, Heiner und ich, zusammen mit zwei Australiern, Rupert und Tom, mit denen wir die nächsten Tage verbrachten. Vorne sassen einmal der Fahrer (logisch, oder?) und eine Köchin, die uns in den nächsten Tagen wunderbares Essen zaubern sollte. Wir hatten alle nicht viel erwartet, aber es gab mittags und abends eine warme Mahlzeit, teilweise mit Vorsuppe, Gemüseplatte, gutem Fleisch und einer Extrawurst in Form von vegetarischem Essen für Louise, alles in einer Superqualität. Da waren wir alle wirklich platt. Vor allem, weil die Tour nichtmal mein Budget für die Tage gesprengt hat und es wirklich unglaublich günstig war, was auch an Bolivien allgemein sehr angenehm ist.

Die Tour selbst war dann ein echtes Highlight und wirklich unvergesslich. Es gab unglaubliche, unwirkliche, bunte Berg- und Seelandschaften zu sehen, viele Lamas und Flamingos, Geysire, bizarre Felsformationen, eine endlos weite Salzwüste, einen Eisenbahnfriedhof mit 100 Jahre alten Loks und vieles mehr. Es war wirklich atemberaubend schön. Wir waren mit einem 7-Sitzer unterwegs, 1300 Kilometer bei teilweise 10-20 km/h, sind morgens zwischen vier und sechs Uhr aufgestanden, haben den Sonnenaufgang bei Eiseskälte an einer Lagune gesehen und in einer heissen Quelle gebadet, in Refugios auf 4300 Metern ohne Dusche und mit drei Stunden Strom am Tag übernachtet und konnten einfach mal abschalten von jeglicher Zivilisation; Kartenspiel statt Internet, Bezinkanister auf dem Dach statt Warten auf die nächste Tankstelle. Drei Tage lang gab es nirgends etwas zu kaufen, so dass es dann schon fast ein Schock war, als das letzte Hostel (aus Salz!) einen kleinen Kiosk hatte. Wir haben aber alle widerstanden und noch ein wenig die Abgeschiedenheit geniessen können. Ich bin ja kein Freund von inflationär gebrauchten Superlativen, aber hier hat wirklich alles gestimmt und es war einfach eine unglaubliche Erfahrung, die nur schwer in Worte zu fassen ist. Jeder Südamerikareisende, der Bolivien links liegen lässt, macht meiner Meinung nach einen gewaltigen Fehler.



Zwei anscheinend beleidigte Lamas

Unser erstes Mittagessen auf der Tour (v.l.: Tom, Rupert, ich, Louise, Heiner)

Ein kleiner Sandsturm inder Ferne

Tea-Time, kurz nach Ankommen im Hostel gegen fünf Uhr

Lama mit Schmuck

Mini-Stonehenge



Bloss nicht ins Wasser fallen! Mein erstes Real-Life-Jump´n Run!

"nur Stille... und Weite..."

Vor der "Laguna Azul", der blauen Lagune

Sonnenaufgang an irgendeiner anderen Lagune

Naturgeformter Felsen in Form eines Baumes


Ziemlich zahme Flamingos...

... und ein nicht ganz so zahmer Wüstenfuchs


Die letzte Unterkunft, ein Salzhostel. Hier gab es endlich wieder Duschen!

Sonnenaufgang im Salar de Uyuni, der grössten Salzwüste der Welt

Heiner und Louise stehen auf Wizard!

Hier in der Wüste stehen lauter überdimensionale Matebecher und Gläser herum!

Noch am Abend des letzten Tages ging es weiter Richtung Potosí, die auf 4000 Metern die höchstgelegene Grossstadt der Welt ist. Die Stadt ist bekannt für ihre Minen, in denen heute noch Silber und andere Edelmetalle gefördert werden und das unter sehr widrigen Umständen, von denen wir uns selbst überzeugen konnten. Enge, niedrige Schächte, verpestete Luft, regelmässige Unfälle. Die Leute dort, teilweise Kinder, arbeiten auf eigene Rechnung, viele von ihnen halten es nur wenige Jahre aus. Die Touristen sind angehalten, ein paar Präsente für die Minenarbeiter mitzubringen, so kann man vor dem Betreten der Mine Leuchtmittel, Helme, Wasser, hochprozentigen Alkohol oder auch Dynamit kaufen. Letzteres ist hier für jedermann frei erhältlich, was einzigartig auf der ganzen Welt ist. Es ist hier aber nunmal Alltagsgegenstand für die vielen Minenarbeiter, die kein Unternehmen im Rücken haben, das sie mit Arbeitsmitteln versorgt.

Die Stadt selbst hat auf jeden Fall ihren Charme und es ist noch viel zu sehen vom einstigen Reichtum, auch bei den Leuten. Frauen in Hosenanzügen habe ich sonst nirgends in Bolivien gesehen. Der Kontrast ist natürlich auch da. Im einen Moment läuft ebenjene Frau an einem vorbei, im anderen betteln gerade mal siebenjährige Kinder um Geld.

In Potosí haben Heiner und ich uns dann von Louise verabschiedet, die noch ein bisschen mehr Zeit in Bolivien verbringen wird und erstmal Richtung Sucre aufbricht. Glücklicherweise gibt es aber ein Wiedersehen im Februar, wenn wir zusammen mit Adi nach Cusco reisen. Heiner und ich sind derweil Richtung La Paz losgezogen, für das wir leider keine Zeit übrig hatten. Stattdessen sind wir direkt weiter zum Titicacasee weitergefahren.


Ich in der Mine in Potosí